»Der Markisenmann« von Jan Weiler

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»Der Markisenmann« von Jan Weiler

Weil ihre Mutter sich nicht mehr anders zu helfen weiß, schickt sie die 15-jährige Kim zum Be­ginn der Sommer­ferien zum Vater. Für Kim ein völlig fremder Mann, denn die Eltern haben sich ge­trennt, als sie noch ganz klein war. Doch nun steht sie da, in der Lager­halle von Ronald Papen. Und muss fest­stellen, dass ihr Vater leider kein Super­held ist. Im Gegen­teil. Er ist ein über­aus er­folg­loser Mar­kisen­händler, dessen Vater­qua­li­täten leider auch nicht das Gelbe vom Ei sind. Aber eins muss man ihm lassen. Er gibt nicht auf. Weder wenn es darum geht, seine ab­grund­tief häss­lichen Mar­kisen an den Mann oder die Frau zu bringen, noch in Bezug auf das Ver­hält­nis zu seiner Tochter. Ein Um­stand, der sich am Ende be­zahlt macht.

„Der Markisenmann“ war nicht mein erstes Buch von Jan Weiler und trotz­dem war es ganz anders als er­wartet. Statt ständig vor lauter Lachen vom Sofa zu rutschen, saß ich so manches Mal nach­denk­lich da. Ronald Papen ist schon ein echt schräger Typ. Jeder andere hätte an seiner Stelle längst die Flinte ins Korn ge­worfen. Aber nicht ein Ronald Papen. Un­er­müd­lich durch­forstet er das Ruhr­ge­biet auf der Suche nach un­be­stückten Balkonen, lebt in einer Be­scheiden­heit, die mir als Leserin teil­weise wirk­lich in der Seele weh tat und be­mit­leidet sich selbst in keinster Weise. Das färbt wie­derum auf Kim ab, die lernt, die un­ge­wünschten Um­stände an­zu­nehmen und das Beste daraus zu machen. Und wie schön war es bitte, zu sehen, dass auch ihr Vater von ihr lernt. Ronald ist üb­rigens nicht der einzig schräge Typ in diesem Buch. Auch die Clique, in der Kim Fuß fasst, sorgte für den ein oder anderen Schmunzler.
Ein biss­chen irri­tiert war ich aller­dings, weil Kim die Ig­no­ranz ihrer Mutter und ihres Stief­vaters mit einer sto­ischen Gleich­gültig­keit er­trägt. Kann ein Kind, dass sich doch eigent­lich nach elter­licher An­er­kennung sehnt, einen solchen Um­stand echt so gut weg­stecken? Na, zum Glück hat sie nun ja ihren Vater, der seine Zu­nei­gung teil­weise zwar etwas un­ge­lenk zeigt, aber er tut es.

Und dann müssen wir bitte noch über dieses Cover sprechen. Ja, die Muster der Mar­kisen sind wirk­lich un­hübsch. Aber jedes Mal, wenn mein Blick im Vor­bei­gehen auf das Cover fiel, machte sich bei mir so ein Gefühl von Wärme breit. Weil die Tapete im Gäste­zimmer meiner Groß­eltern, das sich zu­fälliger­weise auch im Ruhr­ge­biet be­fand, in genau diesen Farben ge­staltet war und ich bei diesem An­blick ein­fach ein Ge­fühl von Ge­borgen­heit empfinde. Ge­borgen­heit, die auch Kim am Ende findet. Wenn auch auf eine ganz andere Art als er­wartet.

Transparenz

Ich habe dieses Buch selbst gekauft und der Artikel spiegelt meine eigene Meinung wider, die von niemandem beeinflusst wurde.

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