»Der große Sommer« von Ewald Arenz

Gelesenes

»Der große Sommer« von Ewald Arenz

Sommer­ferien bei den Groß­eltern – klingt eigent­lich gar nicht so schlecht. Erst recht, wenn die Ge­schwister mit den Eltern in den Familien­urlaub fahren und man so end­lich mal die Vor­teile des Einzel­kind­daseins ge­nießen kann. Etwas anders sieht das aus, wenn der Opa große Ähn­lich­keit mit einem General hat und wenn das Ziel dieser Ferien darin be­steht, am Ende die Nach­prüfung in Mathe und Latein zu schaffen. Gelingt ihm das nicht, muss Friedrich die Schule näm­lich ohne Ab­schluss ver­lassen.
Also fügt sich der Teen­ager in sein Schick­sal und setzt sich auf den Hosen­boden. Unter Opas strenger Aufsicht? Puste­kuchen. Opa, der übrigens nicht Opa, sondern Groß­vater ge­nannt werden möchte, ist so respekt­ein­flößend, dass er nur einmal die klaren Regeln auf­stellen muss. Und so kommt Friedrich nicht nur in Mathe und Latein voran, zu­ge­gebener­maßen etwas lang­sam, sondern hat auch noch Zeit und Muße, mit seinem besten Freund Johann, seiner Lieblings­schwester Alma (die wegen eines Praktikums in der Stadt ge­blieben ist) und mit seiner neuen Flamme Beate ab­zu­hängen. Es wird der Sommer seines Lebens, in dem er end­lich den Kopf­sprung vom Sieben­ein­halber im Frei­bad macht, die Liebe ent­deckt und dem Tod be­gegnet. Außer­dem hat er am Ende end­lich kapiert, wofür denn diese dämliche Integral­rechnung über­haupt gut ist.

Sommer in der Stadt haben für mich schnell etwas Schweres. Zwischen den Häusern staut sich die Hitze, der Asphalt glüht, in den Frei­bädern stehen die Leute dicht an dicht im Wasser und nachts laufen die Be­trunkenen laut grölend durch die Gassen. So un­ge­fähr erlebe ich die heißen Sommer in Frank­furt. Friedrich da­gegen zeigt auf, dass es oft nur eine Frage der Per­spek­tive ist. Man kann prima im Frei­bad üben, wenn man bei Regen­wetter dort auf­schlägt. Oder zu den ganz un­kon­ven­tio­nellen „Öffnungs­zeiten“. Und Leb­kuchen und Marzipan schmecken auch bei über 30 Grad noch gut.
Aber ich muss sagen, am besten hat mir in diesem Buch eine der großen Neben­figuren ge­fallen. Der Großvater. Nicht nur, weil er den gleichen Vor­namen wie mein Opa trägt. Der bei uns übrigens ganz stil­echt nur Oppa ge­nannt wurde. Ja, richtig, mit Doppel-P. Sondern vor allem, weil er so viel­schichtig war. Nach außen hin ein ganz harter Knochen, den man aber eigent­lich nur zu nehmen wissen muss. Denn er hat durch­aus ein Herz. Und er ist vor allem extrem fair und ge­recht. Ge­paart mit einem messer­scharfen Ver­stand, hat er mir immer wieder imponiert.

Für mich war es das zweite Buch von Ewald Arenz und genau wie „Alte Sorten“ habe ich „Der große Sommer“ förmlich ver­schlungen. Darum kann ich auch eine ganz klare Emp­feh­lung aus­sprechen. Die übrigens völlig un­ab­hängig davon ist, in welcher Jahres­zeit ihr Euch gerade be­finden solltet. Ich verspreche Euch, ihr habt sofort den Duft der Bäume und das Gesirre der Schwalben im Kopf, sobald ihr einmal ein­ge­taucht seid.

Transparenz

Ich habe dieses Buch selbst gekauft und der Artikel spiegelt meine eigene Meinung wider, die von niemandem beeinflusst wurde.

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