Ein Schloss für die Liebe

Alltägliches

Ein Schloss für die Liebe

Claudia und Stefan haben eins. Cécile und Raphael auch. Und das von Luca und Francesca ist schon ganz verrostet.

Jeden Tag gehe ich bei meinem Mittagspausen­spaziergang über den Eisernen Steg und bleibe mit den Augen an den Liebes­schlössern hängen. Es sind die herkömmlichen goldfarbenen Vorhängeschlösser, kleine rote Metallherzen und vereinzelt findet man sogar Fahrradschlösser in Bügelform. Meist stehen die Namen des Paares und der Jahrestag oder das Datum der Anbringung auf den Schlössern. Mal sind die Daten eingraviert, andere waren wohl kurzent­schlossener und haben sich einfach mit einem Edding auf dem Metall verewigt.

Die Menschen, die diese Schlösser am Geländer von Frankfurts bekanntester Fußgängerbrücke angebracht haben, glaubten im Moment der Anbringung, dass sie die ganz große Liebe gefunden haben und auf ewig mit diesem Menschen zusammen­bleiben werden. Und damit sind sie nicht alleine. Überall auf der Welt schwören sich Menschen die ewige Liebe und setzen mit den Schlössern ein Zeichen. Ein Zeichen das durchaus auch in der Kritik steht.

In Köln hatte die Deutsche Bahn einmal angekündigt die Schlösser an der Hohenzollernbrücke zu entfernen, damit der Rostschutz der Brücke erneuert werden kann. Die anschließenden Proteste sorgten dafür, dass dieser Plan dann doch nicht in die Tat umgesetzt wurde. In anderen Ländern ist man da nicht ganz so zögerlich. Nachdem in Paris das Geländer der Pont des Arts unter dem Gewicht der Schlösser zusammengebrochen ist, hat man sämtliche Geländer so erneuert, dass keine Schlösser mehr angebracht werden können. (Ob die Verantwortlichen wohl wissen, dass man die kleinen Liebesbotschafter auch prima an Gliederketten anbringen kann, die um jedes noch so dicke Geländer passen? In Frankfurt ist das durchaus üblich.) Und in Venedig kostet es sogar eine saftige Strafe, wenn man beim Anbringen erwischt wird.

Liebe hat nichts mit Besitz zu tun

Ich gebe zu, dass auch mein Gefühl nicht ganz so positiv ist, wie das der Schlossbesitzer, wenn ich an den Liebesbekundungen vorbeigehe. Das hat allerdings nichts mit den Schäden zu tun, die dadurch entstehen, sondern vielmehr mit der Symbolik. Ein Schloss benutzt man normalerweise, um seinen Besitz zu sichern. Aber Liebe hat meiner Meinung nach nichts mit Besitz zu tun. Liebe bedeutet für mich immer, dem anderen seine Freiräume zu lassen. Einander zu respektieren und liebevoll miteinander umzugehen. Dann braucht es kein Schloss, um den Partner an sich zu binden.

Aber in der Liebe ist es zum Glück ein wenig wie in meiner Heimat Köln mit dem Karneval. Jeder Jeck ist anders. Und wenn anderen das Herz dabei aufgeht, sich an einem Brücken­geländer zu verewigen, dann sollen sie das tun. Schließlich will ich ja auch nicht, dass mir jemand vorschreibt, wie ich zu lieben habe. Und so werde ich weiterhin Tag für Tag über den Eisernen Steg spazieren und neugierig die Inschriften studieren. Schließlich muss ich als Liebesroman-Autorin ja immer auf dem Laufenden sein.

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